„Damit kann man wirklich etwas sagen!“
(Junge nach dem Bau eines Sandbilds)
Sandspieltherapie wurde Ende der 1920er Jahre von Margaret Lowenfeld entwickelt. Nach Erfahrungen mit geflüchteten Kindern im russisch-polnischen Krieg war es ihr ein Anliegen, Kindern eine Ausdrucksmöglichkeit jenseits von Sprache zu geben. Sandbilder wurden von ihr nicht gedeutet oder interpretiert; sie sah Kind und Therapeut:in vielmehr als „gemeinsam Forschende“, die versuchen, deren Bedeutung für das Kind zu erschließen.
Heute wird Sandspiel überwiegend in der Tradition Dora Kalffs angewendet, die die Methode mit der Analytischen Psychologie Jungs verband.
Als ich Sandspieltherapie kennen lernte, hat mich sofort beeindruckt, wie sich sonst kaum Mitteilbares im Sand darstellen lässt. Viele der zu Therapiebeginn gebauten Sandbilder schienen mir jedoch in einer Problemtrance erstarrt. Ich suchte nach Wegen, solche Bilder in Bewegung zu bringen. Dies deckte sich mit dem Wunsch vieler Kinder, ihre Sandbilder „weiterzuspielen“. Aus der Praxis heraus entstand so das Konzept der narrativen Sandspieltherapie. Ich öffnete das Setting für Eltern und Familien, verlegte Familienskulpturen in den Sand und regte dazu an, gemeinsam im Sand zu bauen und Geschichten zu entwickeln. Das narrative Vorgehen übertrug ich auch auf das Rollen- und Handpuppenspiel und die Arbeit mit kreativen Medien.
Bezug auf narrative und hypnosystemische Konzepte
Narrative Therapie knüpft daran an, dass Menschen ihre Erfahrungen in Form von Geschichten organisieren. Unter ungünstigen Umständen verfestigen sich dabei Problemerzählungen, die Handlungsmöglichkeiten begrenzen. Narrative Therapie versucht, solche Geschichten aufzulösen und neuen Erfahrungen Raum zu geben.
„Welchen Geschichten erlaubst du, dein Leben zu regieren?“
(Michael White)
Kinder bauen ihre „Problemerzählungen“ in den Sand. Im narrativen Sandspiel werden Sandbilder zum Ausgangspunkt von Veränderungsgeschichten. Hypnosystemisch betrachtet entsteht eine Suchbewegung zu gewünschtem Erleben, die Ressourcen wieder erlebbar macht. Ich-Zustände, die in Sandbildern auftauchen, können im Verlauf der Geschichten auf neue Art in Verbindung gebracht werden.
Besondere Anwendungsgebiete
Sandspieltherapie eignet sich besonders bei Problemen, die (nicht nur von Kindern) schwer verbalisierbar sind, so u. a. bei (mehrgenerationaler) Traumatisierung, Trauer, Trennung und Scheidung, bei Schwierigkeiten in der Bindungsgestaltung, beim Leben mit psychisch erkrankten Elternteilen und im Umgang mit destruktiv agierenden Ich-Zuständen.
In einem systemischen Therapiekontext kann es gelingen, im Sandbild berührte Themen zu öffnen und der familiären Kommunikation zugänglich zu machen. Für geflüchtete Kinder stehen spezielle Gruppenkonzepte bereit.